Ich bin jeden Abend stolz auf mich

Ich heiße Felicitas, bin 28 Jahre alt und komme aus Gaggenau, einem kleinen Ort zwischen Karlsruhe und Baden-Baden. Meine Typ-1-Diagnose habe ich 2008 bekommen. Ich hatte mein letztes Jahr an der Realschule, zur Abschlussfahrt ging es nach London. Am 14. Juni war es sehr heiß, und die Wege in London sind nicht kurz. Natürlich habe ich viel getrunken – Cola natürlich, wie man es mit 16 so macht.

Auf dem Weg zum Buckingham Palace ging mein Kreislauf flöten und ich fiel um. Man brachte mich ins Medical Center London City. Nach über zwei Stunden Warten wurde mir ein kleiner Stich in den Finger gegeben, um meinen Zucker zu messen. Dann ging es plötzlich sehr hektisch zu, die Schwestern beförderten mich nervös sofort zu einem Arzt. Mein Zuckerwert lag bei 907 mg/dL, Typ-1-Diabetes. Mir wurde also auf Englisch erklärt, dass sich mein Leben ab jetzt drastisch ändern würde. Ich verbrachte den Rest der Abschlussfahrt im Krankenhaus. Man gab mir ein Basalinsulin, ich musste zur Beobachtung dort bleiben. Da lag ich nun, total überfordert, verzweifelt und alleine.

Zuhause ging dann alles sehr schnell: Klinik, Kur, Diabetologe, Schulungen. Mein HBA1C lag bei 18,9 Prozent. Meine Gedanken überschlugen sich: Mir wurde bewusst, dass ich nun einen neuen Begleiter bei mir habe, den Insulinpen. Ich weinte und dachte, dass ich niemals Kinder bekommen normal Essen oder einen anstrengenden Job ausüben kann.

Heute – 12 Jahre später – habe ich einen wunderbaren, gesunden Sohn und liebe meinen Job als selbstständige Gastronomin. Die ersten Jahre waren hart, es gab auch Rückschläge. Ich habe mir aber bewusst gemacht, dass es einen Grund für alles geben muss und ich einfach auf mich achten soll. Ich lebe normal, gehe gestärkt damit um und bin jeden Abend stolz auf mich, das ich mich in nichts aufhalten lasse. „Be stronger than this“ ist die Devise , an der ich festhalte.